Leben aus der Quelle



Wie unser Leben Tiefgang bekommt

Es war noch früh am Morgen, als er nach seinem Autoschlüssel griff. Sein Kopf dröhnte bereits: Die vielen Aufgaben standen wie ein Berg vor ihm. Wie konnte er sie erfüllen? Er funktionierte nur noch und wollte lieber nicht darüber nachdenken. Ein Tag sollte mindestens 30 Stunden haben! Was hatte Gott sich denn dabei gedacht, als er den Tag mit 24 Stunden schuf?  

Jeder kannte sie als einfühlsam und umsichtig. Sie spürte, was Menschen brauchen und ersehnen. Bedürfnisse anderer zu erfüllen, war ihr Leben. Das ließ sie sich auch einiges kosten. Den Menschen gefiel das. Sich selbst nahm sie dabei immer weniger wahr. Dann geriet sie selbst in Not, wurde krank, fühlte sich schwach. Das warf sie völlig aus der Bahn.

Leben oder funktionieren?
Leben oder funktionieren? Wie ist das in unserem Leben? Kennen Sie auch Menschen oder gehören Sie selber zu denen, die ihre Aufgaben erfüllen, sich innerlich jedoch leer, ausgelaugt und „gelebt“ fühlen? Dabei wissen wir, dass erledigte Arbeit beflügelt und dass das Unerledigte uns belastet.
Ist das Leben? Wie finden wir zu einem lebenswerten Sein? Lassen Sie uns dazu ein paar Impulse betrachten.
Gott schuf den Menschen als ein lebendiges Wesen. Er wollte lebendige Menschen. So lesen wir es gleich am Anfang der Bibel in 1. Mose 2, 7: „Da formte Gott, der Herr, aus der Erde den Menschen und blies ihm den Atem des Lebens in die Nase. So wurde der Mensch lebendig.“
Gott, der Ursprung allen Lebens, gab selbst das Leben weiter. Das ist eine starke Einladung zu leben! Gott hat uns geschaffen, um zu leben. Das ist sein Wunsch für uns! Und er hat uns ausgerüstet mit Fähigkeiten, um in unserem Leben Aufgaben auszuführen und zu erfüllen.
Wir lesen in der Bibel häufig davon, tätig zu sein. Jakobus schreibt im Neuen Testament „Glaube ohne Werke ist tot.“ Jakobus 2, 17: „So ist auch der Glaube, wenn er keine Werke hat, tot in sich selber.“  

Welcher Geist lebt in uns?
Jesus war während seiner Zeit auf Erden sehr aktiv: Er war unterwegs, begegnete Menschen, sah sie an, berührte sie und lehrte anschaulich die Wahrheit Gottes. In all dem war er zuerst Gott zugewandt und dann den Menschen.
Genau hier ist der entscheidende Punkt: Durch die Tat wird sichtbar, welcher Geist im Inneren des Menschen lebt. Welcher Geist lebt in uns? Aus welchem Motiv heraus geschieht unser Handeln?
Ein Mensch, der sich selbst nicht bejaht, sich nicht annimmt und liebt, fühlt sich meist minderwertig und vergleicht sich viel mit anderen. Er steht in Gefahr, übermäßig aktiv zu sein, um sich und anderen zu beweisen, dass er etwas wert ist. Schmerzlich dabei ist, dass der Mensch auf diesem Weg nicht erreicht, wonach er sich so sehr sehnt.
Manche Menschen waren gerne aktiv. Dann erlebten sie Enttäuschungen, Frust, Schmerzliches, Unverständliches. Sie gaben auf und ließen sich davon lähmen. Damit lähmten sie zugleich auch ihren Lebensnerv. Die Einen fallen dann immer mehr in eine fast starre Passivität. Andere stürzen sich weiter in Aktivitäten und hoffen, so noch etwas Leben zu spüren oder vielleicht sogar Leben zu gewinnen. Beides endet häufig in einer neuen Enttäuschung.
Dann gibt es Menschen, die vor Leben nur so sprühen und scheinbar unbegrenzte Kraft haben. Sie packen viel an und bewirken auch einiges. Dennoch spüren sie eine innere Leere und können selbst ihre Erfolge nicht wirklich genießen. In ihnen nagen Fragen wie: Wer bin ich? Welchen Sinn hat mein Tun, mein Leben? Solche Töne werden in Krisen besonders laut.

Neue Prioritäten
Vor Jahren traf ich einen sehr aktiven Geschäftsmann, der viele Projekte angepackt und ausgeführt hatte, weitherzig und hilfsbereit war. Im Alter von Anfang 50 spürte er ein tiefes Verlangen in seinem Herzen, endlich etwas „Sinnvolles“ zu tun! Diese Sehnsucht führte zu einer Wende in seinem Leben. Er begann neu über sein Leben nachzudenken und setzte neue Prioritäten.
Über das Bedürfnis bestätigt zu werden, kann nur der hinaus wachsen, der sich in einer größeren Beziehung gehalten und geborgen weiß.
Jesus lebte uns das vor. Er war vollkommen geborgen und im Einklang mit sich. Sein Geist war ständig verbunden mit seinem Vater im Himmel. Daraus lebte und handelte er. Es war ihm ganz wichtig und vollkommen selbstverständlich, in die Stille zu gehen und mit seinem himmlischen Vater zu reden, ehe er aktiv wurde.
Seine Worte und Taten, Sein ganzes Leben spiegelte sein Herzensanliegen wider, dass die Menschen seinen Vater im Himmel kennen und lieben lernen und ihn verherrlichen. Die innere Verbindung mit Gott, seinem himmlischen Vater, war Jesu Lebensgrundlage. Diese Verbindung zu pflegen hatte für ihn höchste Priorität. Alles, was er auf Erden wirkte, war die Folge, die Frucht daraus.
Schon im ersten Kapitel der Bibel, in 1. Mose 1,28, segnet Gott die Menschen und beauftragt sie, fruchtbar zu sein. Im Neuen Testament berichtet besonders der Jünger Johannes, wie Jesus uns zu einem Leben einlädt, das Frucht bringt: „Wer mit mir verbunden bleibt, so wie ich mit ihm, bringt reiche Frucht.“ Johannes 15,5.

Mit der Quelle verbunden
Entscheidend dafür ist nicht unsere Aktivität, sondern unsere Herzenshaltung. Es kommt auf die lebendige Verbindung zur wirklichen Quelle des Lebens, zu Jesus Christus, an. Der Geist Gottes ist es, der Leben schafft und Frucht wirkt. Unser Anteil dabei ist, offen für ihn und sein Handeln in, an und durch uns zu sein.
Sehr schön beschreibt dies auch Jeremia 17,8: „Der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt, der seine Wurzeln zum Bach hin streckt. Denn obgleich die Hitze kommt, fürchtet er sich doch nicht, sondern seine Blätter bleiben grün; und er sorgt sich nicht, wenn ein dürres Jahr kommt, sondern bringt ohne Aufhören Früchte.“
Wer leben will, achte auf sein Herz, nähre und pflege es. „Behüte dein Herz mit allem Fleiß, denn daraus quillt das Leben.“ Sprüche 4,23. Was im Unsichtbaren geschieht, wird sichtbar werden durch die Tat.
Es lohnt sich, Zeit zu investieren für das Hören auf den Geist. Im Stillesein vor Gott öffnet sich unser Blick für ein neues Sehen und Verstehen. Gott kann und will uns beschenken mit seiner Sicht der Dinge. Das Leben erhält dadurch eine neue Qualität und eine gesunde Festigkeit. Es wird lebendiger und erfüllter. Die Beziehung zu Gott, zu uns selber und zu anderen wird ehrlicher und echter.
Ich wünsche Ihnen den Mut, sich auf eine echte Begegnung mit Gott einzulassen. Gott segne Sie.

Irmgard Ott
Seelsorgerliche Beraterin und 1. Vorsitzende von el shalom


el shalom bietet in „Tagen der Stille“ zwei Besinnungseinheiten an: „Richte dein Herz auf den rechten Weg, denn daraus fließt das Leben“ und „Erfülltes oder gefülltes Leben’“ Sie sind herzlich dazu eingeladen. Die Termine finden Sie auf der Rückseite.