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Zeitplan GOTTES


Gottes Uhr tickt anders

„Du liebe Zeit“, rutscht es uns manchmal erstaunt oder erschrocken über die Lippen ...  und dabei „lieben“ wir die Zeit meist gar nicht so sehr. Vielmehr empfinden wir, dass sie nie ausreicht. Wir sprechen von „Zeitdruck“ und fragen: „Wo ist nur die Zeit geblieben?“

Solange sich das auf das Alltagsgeschehen bezieht, nehmen wir es mehr oder weniger hin und versuchen, damit zu leben. Betrifft es jedoch wichtige Fragen unseres Lebens oder eine entscheidende Lebensphase horchen wir stärker auf.

„Die Zeit läuft davon“ oder „Wir dürfen keine Zeit mehr verlieren“ klingt nach Alarm. Eine Wende ist nötig. Hilfe wird gebraucht.
Als gläubige Menschen können wir beten und Gott um Sein Eingreifen bitten. Wir ersehnen dann, Gott möge sofort handeln und es möge sich ganz schnell alles verändern. Geschieht dies nicht, reagieren wir oftmals mit Frust. Fragen und Zweifel machen sich breit.

Lassen Sie sich einladen, das „Phänomen Zeit“ einmal genauer anzusehen und dabei auch Gottes Zeitperspektive in den Blick zu bekommen.

Warum schweigt Gott?
Sowohl in der Bibel als auch in unserem persönlichen Erleben im Glauben erfahren wir beides: Gottes wunderbares, manchmal überraschendes Eingreifen, das umgehend zu einer Wende führt. Viele Wundergeschichten in der Bibel bezeugen das.
Und dann gibt es Wegstrecken, wo Gott schweigt, scheinbar nicht handelt und nicht eingreift. Diese Zeiten gefallen uns nicht. Sie stellen uns und Vieles in Frage. Wir werden aufgerüttelt indem, was wir bisher für „gut und richtig“ geglaubt haben. Warten scheint sinnlos und unnötig zu sein.
„Warum schweigt Gott?“ „Ist das, was ich vor habe, nicht Sein Wille, weil Er keine Weisung gibt?“


Neue Horizonte
Doch vielleicht ist genau das Gottes Absicht , weil Er uns einen neuen Horizont eröffnen, uns in eine neue Weite, uns ein neues Sehen und Erkennen lehren will.

Wenn ich über mein Leben nachdenke, so waren es häufig leise aber wichtige Impulse von innen oder außen, die mich in eine bestimmte Richtung wiesen. Sie waren deutlich genug, dass ich sie beachtete und hoffte, sie mögen sich verwirklichen. Manchmal erlebte ich dann, dass sich etwas erst Jahre danach erfüllte. Oft hatte ich selbst nicht mehr daran geglaubt. Um so staunender erkannte ich, wie passend und gut die jeweiligen Zeitpunkte waren, als dann das „Geschaute“ Wirklichkeit wurde und in welcher Weisheit Gott den Zeitpunkt des Geschehens geplant und vorbereitet hatte. Meist geschah dies anders - besser - als ich es ursprünglich gedacht hatte.

Solches Erleben stärkt das Vertrauen. Dennoch gilt es, jedes Mal neu den rechten Blick für eine Entwicklung zu entdecken.
Im Sommer 2005 verstanden wir Gott nicht mehr im Blick auf unser Bauvorhaben. Hatte Er vor zwei Jahren nicht deutlich darüber gesprochen? Damals haben wir dies gründlich geprüft, es als richtig erkannt und uns darauf eingelassen. Und dann schien alles festgefahren zu sein und wir waren nahe daran aufzugeben. Überraschend besuchte uns im Juli 2005 eine reife Christin, die bei gefährlichen Auslandsreisen jeweils hautnah auf Gottes Treue und Versorgen angewiesen ist. Sie ist überzeugt, dass Gott jedes  Geschehen und jeden Augenblick unseres Lebens vollkommen im Blick hat und Ihm nichts aus der Hand gleitet. Diese Worte bewegte ich weiter und sie trugen Frucht in meinem Herzen.

Natürliches Reifen
Natürlich gereifte Früchte sind gesünder und haben ein besseres Aroma. Aber Reifen braucht Zeit und die richtigen Bedingungen. Es ist wie in der Natur: Wachstum, Reifung und Veränderung geschehen in klaren Zeitabschnitten und brauchen Pflege. So erleben wir auch Entwicklungsprozesse als Zeiten, in denen wir reifen. Und ebenso können Situationen „reifen“.
Wesentlich mitgestaltend sind dabei unsere Gebete. Ebenfalls wichtig ist unsere Einstellung und Haltung Gott gegenüber, uns selber, den anderen, sowie gegenüber dem Leben und Geschehen.
Wartezeiten können wir passiv und resigniert durchleben und erleiden. Wir fühlen uns dann ausgelaugt, wie gelähmt, ja es besteht die Gefahr, in der jeweiligen Situation in Schmerz und Hoffnungslosigkeit zu erstarren.
Hier kann ein Reflektieren mit einem anderen Menschen sehr hilfreich sein, um einen neuen, gesunden Blick zu bekommen.
Freilich ist unser Erkennen begrenzt. Manches verstehen wir lange nicht. Und es gilt einen Sinn zu finden, der es uns ermöglicht, dennoch weiter zu gehen.
Doch es gibt auch „Sternstunden“, wo es uns wie „Schuppen von den Augen fällt“, weshalb jene merkwürdige Wegstrecke gut war.
Eine mir tröstliche Tatsache ist: Unsere Fragen, Zweifel und Unsicherheiten hat Gott bereits einkalkuliert und hindern Ihn nicht, Seinen Plan auszuführen.


Wachstum
Im Nachhinein werden solche Erlebnisse häufig Kostbarkeiten. Sie eröffnen uns eine neue Tiefe, eine neue Dimension des Lebens und Glaubens, die nun unser Sein bereichert. Dies kenne ich aus meinem eigenen Leben und kann es erfreulicherweise auch häufig in der Beratung und Begleitung von Menschen miterleben.
Gerade in Zeiten des Nicht-Verstehens wird die innere Stärke bedeutsam und kann sogar enorm wachsen. Wer da Halt in seinem Leben hat, findet Hoffnung, wodurch er weiter gehen kann. Wer dann noch durch einen göttlichen, geistlichen Wert einen Sinn in dieser Phase erkennt, kann sich daran ausrichten. Das entlastet und fördert die Zuversicht.


Vertrauen auf Gott
Denken Sie an Joseph (Genesis 37 ff), der nach Ägypten verschleppt wurde und als junger Mann für viele Jahre in einer sehr hoffnungslosen Lage war. Hätte er seinen Weg verkürzen können? Wäre er dann an jene entscheidende Wegkreuzung gekommen, an der sein Leben sich schlagartig änderte?
Wie erlebte er die vielen scheinbar nutzlosen Jahre? Wir erfahren, dass er sie als „Elend und Mühsal“ empfunden hat. Und doch blieb er darin handlungsfähig. Bei allem Schmerz waren sein Herz und sein Geist wach geblieben. Er sah Aufgaben und packte zu. Er sah die Menschen um sich herum und reagierte auf ihre Anliegen und Nöte. Ja, er tröstete sogar andere und gab weise Ausrichtung.
Um dazu fähig zu sein, kann nicht die Hoffnungslosigkeit in ihm triumphiert haben, sondern vielmehr eine innere Stärke, Zuversicht, Vertrauen und hoffen auf Gott.
Die Enttäuschung über scheinbar „vergeudete“ Zeit schien ihn nicht aufgezehrt zu haben. Auch nicht, als eine reale Hoffnung wieder über Jahre hinaus verblasste und sich aufzulösen schien.
Wäre er nicht in jenen vielen harten Jahren aufgeschlossen und offen geblieben, wäre er auch nicht bereit gewesen, an jenem Tag aus dem „Loch“, wie er es selbst nannte, herauszutreten und eine neue, verantwortungsvolle Aufgabe zu übernehmen.


Wenn die Stunden sich gefunden ...
In einem alten Lied von Daniel Herrenschmidt heißt es: „Wenn die Stunden sich gefunden, bricht die Hilf – oder sagen wir Wende – mit Macht herein. Und dein Grämen zu beschämen wird es unversehens sein.“
Das Spannendste ist oft, richtig zu unterscheiden, ob es Warten heißt oder Handeln. Beides hat seinen Platz und seine Zeit. Ein gesundes inneres Wachsein hilft, den Weg zwischen diesen beiden Polen besser zu finden. Und wenn wir bereit sind bzw. eine Situation „reif“ ist, kann sich auch eine Änderung auf einmal schnell vollziehen.
Ich möchte uns ermutigen, unverständliche Zeiten in unserem Leben nicht nur als unnützes Warten zu erleben. Versuchen wir, das Geschehen mit neuen Augen zu sehen, Sinn und Weg darin zu entdecken. Gehen wir konstruktiv und positiv mit diesen Zeiten um. Vielleicht führt dies uns dazu, rückblickend eines Tages zu staunen und neu dankbar zu sein, dass dem Himmlischen Vater nichts aus der Hand geglitten ist. Er segne Sie!

Irmgard Ott
... ist 1. Vorsitzende und seelsorgerliche Beraterin bei el shalom
12/2005

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